Peitsche statt Knast, Kommunitäre Justiz in Bolivien – DEUTSCHLANDFUNK – 10.12.2009

DEUTSCHLANDFUNK

Hintergrund Kultur / Hörspiel

Redaktion: Sabine Küchler

Peitsche statt Knast

Kommunitäre Justiz in Bolivien

Von Gaby Weber

Sendung: Freitag, 04. Dezember 2009, 20:10 – 21:00 Uhr


Zwei Quechua-Männer prügeln sich beim traditionellen Tinku-Festival in Macha, Bolivien. (Bild: AP) Zwei Quechua-Männer prügeln sich beim traditionellen Tinku-Festival in Macha, Bolivien. (Bild: AP)

“Cuerpos de linchados ardieron varias horas en la plaza”, HOYBOLIVIA, 15.12.2009

Peitsche statt Knast

Kommunitäre Justiz in Bolivien

Von Gaby Weber

Am 6. Dezember wird in Bolivien gewählt. Im Land herrscht ein Klima der Gewalt: Lynchjustiz, Ritualmorde und gewaltsame Vertreibungen greifen um sich. Die Täter berufen sich auf die “kommunitäre Justiz”. Und die Polizei greift nicht ein.

Im Januar ist die neue Verfassung verabschiedet worden, die das Land zu einem “plurinationalen Staat” erklärt und die traditionelle indianische Justiz der üblichen Justiz gleichstellt. Fällt diese “kommunitäre Justiz” ein Urteil – Auspeitschen, Steinigung, Vertreibung – müssen die staatlichen Stellen Amtshilfe leisten.

Für die einen bedeutet die kommunitäre Justiz mehr Gerechtigkeit und kulturelle Vielfalt nach 500 Jahren der Unterdrückung. Andere fürchten einen Rückfall ins Mittelalter und in den Fundamentalismus.

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“Peitsche statt Knast – Verfassungsreform in

Bolivien”. Von Gaby Weber.

Sprecherin: Gregoria ist aus Morocomarka, einem Dorf im

Hochland. Sie ist 19, als sie sich in Basilio verliebt. Er,

ein Jahr älter, erwidert ihre Liebe. Sie treffen sich

heimlich. Denn Gregoria ist die Cousine von Basilio, und

eine Ehe zwischen Neffe und Nichte untersagen die

Traditionen. Doch es kommt heraus, und nun beginnt

die Tragödie. Der Familienrat wird einberufen, und der

befiehlt den Liebenden, ihre Verbindung umgehend zu

beenden. Er verhängt eine Strafe, denn die Sitten sind

mißachtet und Schande über die Gemeinschaft gebracht

worden. Die Strafe lautet: Chicote, öffentliche

Auspeitschung. Chicote wirkt, die beiden meiden

einander. Eine Zeit lang. Dann ist die Liebe stärker.

Wieder werden Gregoria und Basilio angezeigt, diesmal

beim Rat der Dorfältesten. Der lädt sie und ihre

Familien vor. Alle Seiten werden gehört. Am Ende

spricht der Ältestenrat sein Urteil: diese Liebe verstoße

gegen die Sitten. Er verhängt eine Strafe, weil der

Befehl der Familie nicht befolgt worden ist: Gregoria

wird eine Nacht in der Kapelle eingesperrt. Basilio muss

die Nacht auf dem Friedhof verbringen, gefesselt an

Händen und Füßen. Danach werden sie erneut

vorgeladen und müssen geloben, sich nie wieder zu

sehen. Basilio zahlt eine Geldstrafe, 2.000 Bolivianos -

der Wert eines Ochsen. Gregoria zahlt den Preis eines

Lamas. Beide unterschreiben das Urteil. Bei

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Zuwiderhandlung droht die Verbannung aus der

Gemeinschaft. Die Eltern sind mit dem Spruch

zufrieden.

Sprecherin: Gregoria und Basilio flüchten in die Stadt. Doch sie

schmerzt die Trennung von den Ihren, und sie kehren

ins Dorf zurück. Wieder wird der Ältestenrat angerufen,

doch bevor er die Sünder ergreifen kann, haben die

sich abgesetzt. So wird Basilios Familie eine Geldstrafe

auferlegt. Sie hat den zurückgekehrten Sohn

beherbergt. Sein Vater verspricht, seinen Sohn den

Dorf-Obersten auszuliefern, wenn er zurückkehrt. Sonst

wird die ganze Sippe verstoßen.

Sprecherin: Es kommt, wie es kommen musste. Nach einem Jahr

kehren Gregoria und Basilio zurück, ein Baby auf dem

Arm. Sie sagen: “Wir wollen dort leben, wo wir

hingehören, bei unseren Familien”.

Erzählerin: Der Rest ist schnell erzählt: Stunden später umzingeln

Dorfbewohner das Haus, in dem sich die junge Familie

aufhält, und alarmieren den Ältestenrat. Der hätte

eigentlich, nachdem seine Schlichtungsversuche

gescheitert waren, den Fall an die mit dem Richteramt

beauftragten Weisen abgeben müssen. Das ist der

Brauch in Morocomarka. Stattdessen beschließen die

Eltern den Tod ihrer unbelehrbaren Kinder. Der junge

Mann kann fliehen, Gregoria wird vom eigenen Vater

getötet. Indianische Justiz im heutigen Bolivien.

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Erzählerin: “Wir kennen zwei Grundgedanken der kommunitären

Justiz”, sagt Víctor Hugo Cárdenas.

1. Zitator: Einen, den ich befürworte und den ich in einer früheren

Regierung vorangetrieben habe: Ich habe in den

neunziger Jahren als Vizepräsident der Nation die

kommunitäre Justiz in unserer Verfassung fest

schreiben lassen, allerdings war die indianische

Gerichtsbarkeit den allgemeinen Gesetzen (und den

Menschenrechten) untergeordnet. Jeder hatte das

Recht auf eine zweite Instanz vor einem (bürgerlichen)

Gericht, wenn er mit dem Richterspruch der

kommunitären Justiz nicht einverstanden war. Dann

stellte Evo Morales die kommunitäre Justiz der

allgemeinen Rechtsprechung gleich, um unsere

traditionellen Bräuche als politische Waffe zu benutzen.

Im Kampf um die Macht, und als Revanche gegen alle

Nicht-Indianer.

Erzählerin: Im Januar 2009 wurde die neue Verfassung in einem

Referendum bestätigt. Sie garantiert den indigenen

Völkern mehr als nur kulturelle Rechte und das Anrecht

auf ihre angestammten Ländereien.

Sprecherin: Diese Rechte hatten in den vergangenen zwanzig

Jahren in vielen Ländern Lateinamerikas

Verfassungsrang erhalten. Die neue Verfassung

Boliviens aber geht viel weiter. Sie löst den

Nationalstaat praktisch auf und erklärt das Land zu

einem “plurinationalen Staat”. Sie schreibt die Koka als

festen Bestandteil des “kulturellen Erbes” fest und stellt

in Artikel 179 die traditionelle indianische Justiz der

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normalen Justiz gleich. Fällt die “kommunitäre Justiz”

ein Urteil, müssen alle anderen staatliche Stellen

Amtshilfe leisten, auch die Polizei.

Erzählerin: Seitdem besteht die bolivianische Justiz aus zwei

gleichwertigen Systemen. Dies hat, sagen Kritiker, zu

einer extremen Rechtsunsicherheit geführt. Denn

nirgendwo sind die Gesetze der kommunitären Justiz

aufgeschrieben. Die neue Verfassung definiert Bolivien

als einen Staat bestehend aus 36 indianischen Völkern -

zuzüglich der Mestizen und Weißen. Und jedes dieser

36 Völker hat eigene Gewohnheiten, ein eigenes

Rechtsempfinden und folglich eigene Gesetze. So hat

das Rechtsempfinden in Morocomarka einem Bauern

die Tötung seiner Tochter erlaubt, nur weil sie gegen

den väterlichen Willen einen jungen Mann geheiratet

hat.

Sprecherin: Es gilt nicht mehr: Alle sind vor dem Gesetz gleich. Es

ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe,

die Rechte und Pflichten regelt. Völkische Justiz.

Erzählerin: Menschenrechte und die Rechte der Frauen haben nicht

überall denselben Wert, so der ehemalige Bauernführer

und Rechtsanwalt Leoncio Gutierrez aus Oruru:

2. Zitator: Die traditionelle Rechtsprechung betrachtet viele

Sexualdelikte (gegen Frauen) als minder schwere

Vergehen und sieht nicht den moralischen und

psychologischen Schaden des Opfers. Ein Vergewaltiger

schafft meist seine Tat durch Zahlung einer kleinen

Summe aus der Welt.

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Erzählerin: Die indigene Justiz basiert auf ihrer “Kosmovision”, der

Auffassung der andinen Völker von der Welt und ihrer

universalen Umgebung. Diese ist vor vielen hundert

Jahren entstanden. Seit der spanischen Eroberung

wurde sie gewaltsam an ihrer Weiterentwicklung

gehindert. Sie ist auf dem Stand des Mittelalters

geblieben, fünfhundert Jahre.

Sprecherin: In unseren Breitengraden sprachen damals Recht: die

Schergen des Adels und der Stände sowie die heilige

Inquisition. Seitdem hat sich unser Rechtssystem und

Rechtsempfinden weiterentwickelt, was die

individuellen Rechte und was die Rechte von

Minderheiten und Frauen angeht.

Erzählerin: Dies ist auch an Bolivien nicht vorbei gegangen. Dort

machen selbstbewusste Frauen, nicht nur aus der

Oberschicht, Karriere und bekleiden hohe Ämter. Sie

fordern nicht nur Freizügigkeit, sondern leben sie auch

– zumindest in den Städten. In Dörfern wie

Morocomarka hingegen werden Verstöße gegen die

alten, archaischen Vorschriften immer noch

unterdrückt.

2. Zitator: In unserer paternalistischen Gesellschaft haben die

Frauen Rechte erobert. Sie haben sich in vielen Berufen

Respekt verschafft und nehmen ihre Lebensplanung in

die eigenen Hände. Sie sagen offen: Wir wollen dies,

dies steht uns zu, und das machen wir auch. Das hat

natürlich zu Konflikten geführt. Die Männer verlieren

die Kontrolle in der Familie, in der Beziehung und in der

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Gesellschaft. Sie fürchten, Macht zu verlieren, fühlen

sich bedroht und wehren sich.

Sprecherin: Dieser Rollback, so Rechtsanwalt Gutierrez, verkleidet

sich in Bolivien nicht als Fundamentalismus à la

Taliban, sondern als “politisch korrekt”. Der “Ethno-

Nationalismus” beruft sich auf die “legitimen Gebräuche

und Sitten” der Indianer.

Erzählerin: Für die einen steht die indigene Justiz für Gerechtigkeit

für die bisher Benachteiligten, andere fürchten einen

Rückfall ins Mittelalter.

1. Zitatorin: Die Fälle von Selbstjustiz haben rapide zugenommen.

Erzählerin: … sagt Mirjam Campos, Projektleiterin im

Justizministerium. Julio Mallea, Juraprofessor in La Paz,

widerspricht. Lynchjustiz habe mit der indigenen Justiz

nichts zu tun:

3. Zitator: Die kommunitäre Justiz basiert auf der öffentlichen und

mündlichen Verhandlung. Sie ist gratis und zügig, und

beinhaltet soziale Kontrolle und soziale Beteiligung. Es

treten nicht nur die Anführer und Richter auf, sondern

auch die (lokalen) politischen und gewerkschaftlichen

Akteure, Frauen, Kinder und Jugendliche. Die

Dorfbewohner versammeln sich auf einem öffentlichen

Platz und suchen gemeinsam nach der richtigen Strafe,

um das Gleichgewicht in der Gesellschaft wieder

herzustellen. Es geht zuallererst um die Reparatur des

angerichteten Schadens.

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Erzählerin: Valentin Ticorna, Vize-Minister für Justiz und

indianischer Herkunft, nickt:

4. Zitator: Die kommunitäre Justiz hat dasselbe Gewicht wie die

normale Justiz. Zuvor wirkte die kommunitäre Justiz

nur im Verborgenen und wurde diskriminiert und

kriminalisiert.

Erzählerin: Dies sei falsch, entgegnen Kritiker. Bereits die

Verfassung aus dem Jahr 1994 erkannte die

indianischen Schlichtungsstellen an. Sie hatten sich bei

kleineren Delikten bewährt, während Verbrechen wie

Mord an die staatliche Justiz überwiesen wurden. In

Artikel 171, Absatz drei der alten Verfassung heißt es:

5. Zitator: “Die natürlichen Autoritäten der indigenen und

bäuerlichen Gemeinschaft dürfen eine eigene

Verwaltung einrichten und eigene Normen als

alternative Konfliktlösung einsetzen, gemäß ihrer

Gewohnheiten und Traditionen – solange sie nicht

gegen die Verfassung und Gesetze verstoßen”.

Erzählerin: Dieser Zusatz – dass das Strafrecht und die

Menschenrechte nicht verletzt werden dürfen – wurde

im neuen Verfassungstext gestrichen. Dort heißt es

lediglich, dass das Leben geschützt werden muss, die

Todesstrafe ist ausgeschlossen.

Sprecherin: Doch Lynchjustiz greift um sich. Es vergeht kaum eine

Woche, in der nicht vermeintliche Diebe von einer

aufgebrachten Menge gefoltert und gehängt werden, in

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fern abgelegenen Dörfern ebenso wie in den Städten.

Und die Behörden sehen zu und greifen nicht ein.

1. Zitator: Ich war einer der Hauptbefürworter der Anerkennung

der kommunitären Justiz.

Erzählerin: … sagt Victor Hugo Cárdenas, ein Aymara. Spanisch

war seine zweite Muttersprache. Er gehört der

Bewegung Tupac Katarí an, benannt nach einem

indianischen Kämpfer gegen die spanische

Kolonialmacht. Seine Ehefrau tritt in der traditionellen

Tracht auf, mit bunten Röcken, Zöpfen und Filzhut.

Sprecherin: Er war in den neunziger Jahren Vizepräsident der

konservativen Regierung von Gonzalo Sánchez de

Lozada. Morales und sein Vizepräsident sprechen weder

Aymara, noch Quechua oder Guaraní, obwohl sie

angeblich für die Indianer kämpfen, sagt Cárdenas, ein

scharfer Kritiker der Regierung. Lange Zeit wurde er als

Präsidentschaftskandidat gehandelt, im letzten Moment

zog er sich zurück. Ein rechtes Bündnis fordert die

Regierung am Sonntag heraus, doch am Wahlsieg von

Morales zweifelt kaum jemand

Sprecherin: Dabei ist die wirtschaftliche Situation Boliviens alles

andere als rosig. Statt eine eigene Produktion

aufzubauen, lebt das Land nach wie vor vom

Schmuggel. Morales hat die Koka legalisiert. Experten

schätzen, dass sich seitdem der Anbau verfünffacht hat,

während der traditionelle Konsum des Blattes konstant

geblieben ist. Wie nie zuvor wird Kokain hergestellt, vor

allem für den europäischen Markt.

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Erzählerin: Die Mittelschicht ist enttäuscht, die vor vier Jahren die

MAS, die “Bewegung für den Sozialismus”, gewählt

hatte. Sie wollte mehr Demokratie, doch statt

Transparenz habe ihnen Morales die kommunitäre

Justiz beschert – drei Schritte nach hinten statt einen

nach vorn, so Cárdenas:

1. Zitator: Ich habe die neue Verfassung als undemokratisch und

autoritär bezeichnet. Sie bringt den Indianern keine

Vorteile, sondern schadet uns. Deshalb wollte mich die

Regierung zum Schweigen bringen.

Erzählerin: Cárdenas, einst Initiator der indigenen Justiz, wurde

Opfer einer Kampagne, die unter der Parole der

“indigenen Justiz” geführt wird.

1. Zitator: Am Mittag des 7. März drangen MAS-Aktivisten, die aus

anderen Dörfern herangekarrt worden waren, in mein

Haus ein. Dort hielten sich meine Frau, ihre

Schwägerin, der Bruder meiner Frau, meine beiden

Söhne und seine Kinder auf. Sie wollten unser Haus

anzünden und uns lebendig verbrennen. Sie schlugen

auf meine Familie mit Knüppeln ein. Dies ist auf den

Videoaufnahmen zu sehen.

Erzählerin: Das Fernsehen brachte die Bilder, und Cárdenas

bezichtigte die Regierung der Anstiftung zum Mord.

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Take: “Hemos entregado la documentación … vhcardenas8 -

50´´

1. Zitator: Wir haben alle Beweise den Staatsanwälten übergeben,

und bisher wurden wegen des Attentats vier Männer

unter Anklage gestellt. Gegen acht weitere Personen,

die aufgrund der Videoaufnahmen identifiziert werden

konnten, wird ermittelt. Mein Haus habe ich noch nicht

zurück bekommen. Die Regierung verteidigt nicht

meine Rechte als Opfer sondern vertuscht die

Umstände des Attentats und deckt die Täter. Deshalb

habe ich Strafanzeige gegen den Kabinettschef

erstattet. Und wenn mir die Regierung nicht bald mein

Haus zurück gibt und meine Rechte schützt, werde ich

internationale Gerichte anrufen.

Erzählerin: Verlautbarungen aus dem Regierungspalast stellten den

Angriff auf Cárdenas´ Haus als eine Aktion der

indigenen Justiz dar. Die Dorfbewohner hätten das

Gebäude enteignen und dort ein Altersheim errichten

wollen, hieß es. Unsinn, kontert Cárdenas:

1. Zitator. Die Aymaras kennen keine Altersheime. Die Großeltern

sterben im Kreis ihrer Familie, bei ihren Kindern, Enkeln

und Urenkeln. Nicht im Altersheim.

Erzählerin: Zunehmend werden gewalttätige Auseinandersetzungen

und die Einschüchterung des politischen Gegners als

“indigene Justiz” entschuldigt. Marcial Fabricano Noe,

der historische Anführer der Tiefland-Indianer, hatte

sich mit den neuen, regierungstreuen Wortführern

zerstritten. Er wurde bei einer Veranstaltung ergriffen

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und ausgepeitscht. Fabricano landete im Krankenhaus,

die Bilder im Internet. Seine Peiniger, ebenso wie die

Regierungssprecher, verteidigten die Aktion, Fabricano

habe seine politischen Verbindungen zur persönlichen

Bereicherung benutzt. Anklage wurde nicht erhoben.

Die körperliche Züchtigung war bei den Aymaras üblich,

so Cárdenas.

1. Zitator: Wir haben auch schlechte Bräuche. Aber in unserer

heutigen Gesellschaft dürfen Auspeitschen und

Schlagen keinen Platz mehr haben. Sie müssen

abgeschafft und durch andere Strafen ersetzt werden.

Bolivien hat alle internationalen Konventionen über die

Menschenrechte unterzeichnet. Daran müssen wir uns

halten. Und daran muss sich auch die kommunitäre

Justiz halten.

Erzählerin: Nichtregierungs-Organisationen haben eingeladen, um

über die Verfassungsreform zu diskutieren. “Das Land

steht vor einem Strukturwandel, und der bringt

politische Probleme”, warnt Simon Tocehurst (englische

Ausprache) von Oxfam.

5. Zitator: Wir sind besorgt, weil die Leute so wenig informiert

sind. Auch wir als ausländische Hilfsorganisationen

wissen nicht, um was es wirklich geht. Es wird zwar viel

über die neue Verfassung geschrieben und

kommentiert, aber das Thema wurde politisiert, eine

offene Diskussion unmöglich. Der Verlauf der

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verfassunggebenden Versammlung war undurchsichtig

und machte die konfuse Situation noch komplizierter.

Erzählerin: Loyola Guzman saß für die Regierungspartei MAS in der

Verfassungsgebenden Versammlung. Sie ist als

Menschenrechts-Aktivistin bekannt. In den sechziger

Jahren kämpfte sie, zusammen mit Ernesto “Che”

Guevara.

2. Zitatorin: Die Versammlung sollte zwischen sechs und zwölf

Monaten dauern. Sie wurde im August 2006 eröffnet.

Und dann wurde monatelang nur über

Verfahrensweisen diskutiert.

Erzählerin: Laut Gesetz darf eine Verfassung nur mit Zweidrittel-

Mehrheit geändert werden, doch für die Regierung von

Evo Morales sollte die einfache Mehrheit genügen. Am

Ende gab sie nach, trommelte aber für die Abstimmung

ihre Anhänger zusammen, die den Einzug vieler

Oppositioneller verhinderten, sodass am Ende nur zwei

Drittel der Anwesenden und nicht zwei Drittel aller

Mitglieder für das Projekt stimmten. Loyola Guzman:

2. Zitatorin: Auf keiner Vollversammlung mit ihren 255 Mitgliedern

konnten wir auch nur einen einzigen Artikel inhaltlich

diskutieren. Die Debatte fand in der Militärschule statt –

kaum ein geeigneter Ort für eine Verfassungsreform,

die einen gesellschaftlichen Wandel einleiten soll. Ich

bin aus Protest nicht hingegangen. Dann wurde die

Versammlung nach Oruro verlegt, aber nicht alle

Parteien konnten teilnehmen. Am Ende wurde das

Inhaltsverzeichnis der neuen Verfassung verlesen und

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darüber abgestimmt. Das war nicht korrekt, und das

Ergebnis wird unser Land spalten.

Erzählerin: Nach der Abstimmung in Oruro verkündete die

Regierung siegesgewiß, dass, so wörtlich, “am

verabschiedeten Text kein Komma geändert wird”. Die

Gouverneure der vier Departments des Tieflands –

Santa Cruz, Tarija, Beni und Pando –drohten mit

Bürgerkrieg, falls der Entwurf in dieser Form

angenommen würde. Sie wollen einen Staat nach

westlicher Prägung und begegnen der andinen Kultur

mit Verachtung und Rassismus.

Sprecherin: Schließlich kehrten alle an den Verhandlungstisch

zurück. Monatelang wurde, hinter verschlossenen

Türen, der Entwurf “nachgebessert”, geändert wurde

am Ende jeder dritte Artikel. Ständig kursierten neue

Versionen und niemand wußte, wer was und warum

korrigiert hatte. Das war verfassungswidrig, kritisiert

Loyola Guzman:

2. Zitatorin: Es steht dem Parlament nicht zu, die Verfassung

umzuschreiben. Das war Aufgabe der

Verfassunggebenden Versammlung. Das von ihr

verabschiedete Ergebnis darf nicht von irgendwelchen

Abgeordneten manipuliert werden. Doch man wollte

wohl Blutvergießen verhindern. Ich fürchte, das

Ergebnis wird unsere ohnehin schon schlechte Justiz

noch einmal verschlechtern.

Erzählerin: Der Autonomieminister Carlos Romero nickt. Nicht alle

Probleme seien gelöst worden, gibt er zu. Aber man

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habe einen Schritt nach vorne gewagt. Alle bisherigen

Verfassungen seien Lippenbekenntnisse gewesen.

Schon lange besitzen die Indianer dieselben Rechte wie

die Weißen, aber nur in der Theorie.

6. Zitator: Schon die bürgerliche Revolution von 1952 erkannte

uns als Bürger dieses Landes an. Die Verfassung von

1994 gesteht uns sogar kollektive Rechte zu. Aber

nichts davon wurde umgesetzt. Deshalb werden wir

jetzt ein “plurinationaler” Staat und erkennen die

Indianer als eigene Nation und eigenes Volk an.

Erzählerin: Die rechten Parteien konnten in den Verhandlungen

durchsetzen, dass das Recht auf Privateigentum und

das Recht, Land zu vererben, in die neue Verfassung

aufgenommen wurde. Für Senator Carlos Börth von der

Oppositionspartei Podemos ist das

Verhandlungsergebnis ein Kompromiß:

7. Zitator: Ich möchte lieber von den Herausforderungen reden

statt von den Fortschritten, die wir (nach den

Änderungen im Kongreß) gemacht haben. Die größte

Herausforderung wird die Schaffung des plurinationalen

und interkulturellen Staates sei. Die Verfassung sieht

den Aufbau einer multikulturellen Gesellschaft vor.

Erzählerin: Wie diese “multikulturelle Gesellschaft” und der

“juristische Pluralismus” umgesetzt werden soll, steht in

den Sternen. “Dass wir springen werden, ist gewiss”, so

Senator Börth, “ungewiss ist, ob wir einen Sprung nach

vorne machen oder ins Leere springen.” Leider hat der

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Kompromiß nicht Rechtssicherheit gebracht sondern

Verwirrung:

7. Zitator: Der Wortlaut der neuen Verfassung ist ohne Zweifel

wenig orthodox, wenig akademisch. Er wurde mitten in

einem Volksaufstand verfaßt.

Erzählerin: Nicht gelöst wurden vor allem drei Hauptprobleme, so

der Senator:

Sprecherin: Erstens: für wen gilt die kommunitäre Justiz und für

wen nicht?

Zweitens: in welchem Gebiet hat sie Geltung und

drittens: welche Delikte werden bestraft und welche

nicht?

Erzählerin: Wenn zum Beispiel er, fragt Börth, mit seinem Auto auf

der Landstraße, in einem Indianerdorf, eine Kuh

überfahre, werde dann er, der Senator mit

europäischen Vorfahren, von der kommunitären Justiz

abgeurteilt? Muss er damit rechnen, ausgepeitscht oder

gar aufgehängt zu werden? Oder gilt die normale

Justiz? Die indianische Justiz ahndet Viehdiebstahl

unverhältnismäßig streng, denn der Verlust einer Kuh

kann im Hochland Elend über eine Bauernfamilie

bringen.

Sprecherin: Und, fragt der Senator, dürfen Quechuas, Aymaras und

Guaranís, die in Städten leben, dort nach ihren Sitten

Urteile fällen? Gibt es also “städtische Indianer”? Schon

heute werden in den Vorstädten Menschen zu Tode

geprügelt, weil sie eine Gasflasche im Wert von zehn

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Euro gestohlen haben oder gestohlen haben sollen. Die

Regierung findet das richtig, weil in ihren Augen auch

“städtische Indianer” Indianer sind.

Erzählerin: Und schließlich: wer sind die “traditionellen

Autoritäten”, die ein Richteramt bekleiden dürfen? Sind

sie wirklich die Weisen des Dorfes oder, wie die

Erfahrung zeigt, lokale Gewerkschaftsführer oder

einflußreiche Kokabauern?

Sprecherin: Die indianische Justiz kennt nur eine Instanz. Es gibt

keine Berufung. Auch in diesem Punkt hat der Kongreß

nachgebessert. Künftig kann eine Entscheidung der

kommunitären Justiz dem Verfassungsgericht vorgelegt

werden. War sie verfassungswidrig, wird sie

aufgehoben. Aber welche Gewichtung die künftigen

Verfassungsrichter vornehmen werden, muss

abgewartet werden, meint der Senator und weist

darauf hin, dass beim Verfassungsgericht, wie im

Wahlgerichtshof, indianische Vertreter sitzen. Auch hier

habe man nachgebessert und, so Börth, bestimmt, dass

diese wenigstens eine akademische Ausbildung besitzen

müssen.

Erzählerin: Was ist strafbar und was nicht? Homosexualität etwa ist

in den Gemeinschaften geächtet und wird mit

Steinigung, zumindest aber mit Vertreibung bestraft.

Und werden nicht die Rechte der Frauen beschnitten,

wenn nun Gepflogenheiten zum Gesetz erhoben

werden, die aus dem Mittelalter stammen?

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Sprecherin: Die Ehe zwischen Homosexuellen und die

Kriegsdienstverweigerung habe man nicht im

Verfassungstext festschreiben können, bedauert die

Abgeordnete der Regierungspartei, Elizabeth Salguero:

3. Zitatorin: Wir glauben, dass die indianischen Bräuche nicht dazu

führen dürfen, dass international verbriefte

Menschenrechte und nationale Gesetze verletzt werden.

Wir werden noch ein Gesetz erarbeiten, wie indianische

Justiz mit der normalen Justiz in Einklang gebracht

werden soll. Das betrifft auch die Rechte der Frauen.

Wir haben durchgesetzt, dass in Zukunft bei Straftaten,

in die Frauen (als Opfer oder als Täter) verwickelt sind,

auf der Richterbank Frauen sitzen. (In meinen Augen

soll die) kommunitäre Justiz nicht Delikte, die das

normale Strafrecht klar definiert, anderen Regelungen

unterwerfen oder geringer bestrafen. Dies gilt etwa für

Vergewaltigungen. Sie werden in den indianischen

Gemeinschaften oft nur mit der Vertreibung geahndet.

Oder der Täter muss eine bestimmte Menge

Ziegelsteine überreichen oder sein Opfer heiraten.

Sprecherin: Dieses Gesetz, das die Zuständigkeiten und den

Geltungsbereich klären soll, gibt es noch nicht. Und

solange legt jeder die Verfassung so aus, wie es dem

Rechtsempfinden der Volksgruppe, zu der er sich

zugehörig fühlt, entspricht. Und wenn dabei, wie in

Morocomarka geschehen, die Tötung der eigenen

Tochter herauskommt, nur weil sich Gregoria dem

Willen ihres Vaters widersetzt hat – dann ist das in den

Augen des Staates nicht zu beanstanden.

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Erzählerin: Renata Hofmann lebt seit dreißig Jahren in La Paz und

leitet dort das Schweizer Arbeiterhilfswerk.

“Auch ich habe vor vier Jahren Evo Morales gewählt

und hatte die Hoffnung, wie die meisten Bolivianer,

dass mit ihm ein Wechsel kommt, der wirklich eine

demokratischere Gesellschaft ermöglicht, in der auch

die indigene Bevölkerung gleichberechtigt leben und

sich entwickeln kann. Aber diese Hoffnung ist

enttäuscht worden”.

Erzählerin: Die Mittelschicht wollte weniger Korruption, Beteiligung

am politischen Geschehen und bessere Gerichte.

Stattdessen wurde die “indianische Justiz” mit den

Menschenrechten “gleichgestellt”:

“Mit dieser Gleichstellung werden ganz wesentliche

bürgerliche Rechte und Pflichten verletzt. Es existieren

Widersprüche mit den Menschenrechten, beispielsweise

gibt es dabei kein verbrieftes Recht auf Verteidigung.

Das, was rechtens ist oder nicht, das ist eigentlich sehr

willkürlich, weil von Dorf zu Dorf und von Fall zu Fall

entschieden werden kann, ohne dass es Präzedenzen

gibt. Es gibt keine Berufung in der Kommunaljustiz, so

wie die neue Verfassung das definiert hat, das heißt,

wenn ich also im Kommunalrecht verurteilt worden bin,

hab ich keine Berufungsmöglichkeiten. Es ist eine noch

offenstehende Frage, ob man irgendetwas wie ein

interkulturelles Verfassungsgericht entwickeln kann,

aber das widerspricht dem Grundgedanken der

Kommunaljustiz”.

Erzählerin: Radikale Fundamentalisten haben Aufschwung. In

Achacachi, 70 Kilometer von La Paz entfernt, haben

“Ponchos rojos” vor laufenden Kameras lebenden

Hunden die Kehlen durchgeschnitten und am Zaun

aufgehängt – eine Drohung an die Gegner der

Regierung. Der Clip landete bei YouTube.

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Sprecherin: Achacachi ist die Hochburg der mit roten Ponchos

bekleideten bewaffneten Kämpfer für die indianische

Sache. Einige wollen die Regierung mit Guerilla-

Methoden verteidigen, anderen ist Evo Morales zu

gemäßigt.

Erzählerin: Achacachi geriet durch seine Lynchjustiz in die

Schlagzeilen – etwa als auf einem Fest elf Taschendiebe

erwischt wurden. Die Meute führte sie in das Stadion,

übergoß sie mit Benzin und zündete sie an. Ein Rückfall

ins Mittelalter, urteilt Renata Hofmann.

“Es gibt sehr viele Fälle von Lynchjustiz, denn auch wenn der Text im

Vorschlag zur neuen Verfassung ausdrücklich erwähnt,

dass Todesstrafe nicht akzeptiert wird, hat diese ganze

Aufwertung zu einer Politisierung der Frage um die

Kommunaljustiz geführt und die Leute sind wirklich der

Überzeugung, dass sie das Recht haben, Recht in die

eigenen Hände zu nehmen. Lynchjustiz wird von den

Leuten heutzutage als ein Recht betrachtet zur

Selbstjustiz, da die offizielle Justiz nicht korrekt

funktioniert”.

Erzählerin: Leider nehmen viele europäische Anthropologen,

Entwicklungshelfer und Solidaritätsgruppen diese

Entwicklung kaum zur Kenntnis und machen sich lieber

ein Bild vom Indianer als dem “edlen Wilden”.

“Mit den Anthropologen ist eben doch eine sehr

romantisierende Sicht der indigenen Welt begründet

worden, und das hat zum Teil dann auch in der

Entwicklungshilfe sehr großen Einfluss gehabt. Das

heißt, dass Gesetze gemacht wurden, mit sehr viel

Lobby, dass insbesondere die indigenen Kulturen

gestärkt werden müssen, was auch korrekt ist, denn

das sind die Bevölkerungsschichten, die am meisten

unter Armut leiden. Aber die Vorstellung dabei, dass

eben die Politik auch ethnische Prinzipien gestellt

werden muss, das ist ein Punkt, den ich kritisiere”.

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Erzählerin: Die Polizei schreitet gegen die Lynchjustiz fast nie ein.

Professor Julio Mallea zuckt die Achseln.

3. Zitator: Was der Staat tut oder nicht tut, ist Angelegenheit der

zuständigen Behörden.

Erzählerin: Als Hochschullehrer für Rechtswissenschaften und

Projektleiter für kommunitäre Justiz an der Universität

von La Paz sollte er mit dem indianischen Rechtssystem

vertraut sein. Doch vieles ist auch für ihn vage, gibt er

zu, etwa die Formulierung, dass in Zukunft bei der

Ausbeutung von Bodenschätzen die indigenen und

bäuerlichen Autoritäten vor Ort “konsultiert” werden

müssen.

Sprecherin: Müssen sie lediglich informiert werden? Oder müssen

sie zustimmen? Erhalten sie einen Teil des Gewinnes?

Gilt künftig für ausländische Bergbaugesellschaften

ebenfalls die kommunitäre Justiz, wenn sie dort

schürfen?

Erzählerin: Diese Fragen beantwortet die Verfassung nicht. Sind

diese Dorfgemeinschaften überhaupt in der Lage, mit

Konzernen wie ExxonMobil, Chevron und Shell auf einer

Augenhöhe zu verhandeln? Professor Mallea bleibt die

Antwort schuldig:

3. Zitator: Ich will ehrlich sein: wir sind noch dabei, dies

auszuarbeiten. Die Frage (nach der Beteiligung an den

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Bodenschätzen) hat mit meinem Spezialgebiet nichts zu

tun.

Erzählerin: Die Frage, wo die Paragraphen und Normen der

kommunitären Justiz fest geschrieben sind, beantwortet

er mit einem Vortrag über 500 Jahre Unterdrückung.

3. Zitator: Bevor Kolumbus nach Amerika kam, gab es hier

großartige Kulturen. Und ein Produkt einer Kultur ist

das Rechtssystem. Es existierten Regeln zur

Rechtsprechung und sie existieren immer noch. Sie

basieren auf der mündlichen Verhandlung, einem

System von Autoritäten und einer Art

Strafprozessordnung, wie ein Urteil gefällt wird. Es gibt

verschiedene Sanktionen. Dies alles ist eingebettet in

die andine Kosmovision. Wer die indianische

Rechtsprechung verstehen will, muss die Grundlagen

der kollektiven indianischen Kosmovision studieren.

Erzählerin: Diese Kosmovision hat mehr mit einer Philosophie oder

einer Religion gemein als mit einem gesetzlichen

Regelwerk. Sie bestimmt das Verhältnis das Menschen

zu seiner unmittelbaren und sozialen sowie zu seiner

spirituellen und universalen Umgebung im Kosmos. Sie

wurde seit Jahrhunderten mündlich überliefert und in

den letzten Jahren von Anthropologen zu Papier

gebracht. Sie betrachtet als Fehlverhalten:

5. Zitator: Das Verlassen des Heimes Respektlosigkeit anderen,

vor allem Älteren, gegenüber, schlechte Verwaltung der

gemeinschaftlichen Gelder, Diebstahl, Veruntreuung

geliehenen Geldes, Mord, sexuelle Gewalt und Bigamie.

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Auch die Befehlsverweigerung den Eltern oder den

Dorfältesten gegenüber ist unstatthaft. Dagegen hatten

Gregoria und Basilio verstoßen und wurden dafür zum

Tode verurteilt.

Erzählerin: Die kommunitäre Justiz kennt keinen Freiheitsentzug.

Sie straft, bei leichten Vergehen, mit öffentlicher

Bloßstellung, Geldstrafen und physischer Züchtigung.

Mit Chicote (sprich: tschikótte), Peitschenhieben.

Schwere Vergehen werden mit Verstoß aus der

Gemeinschaft und sogar mit dem Tod geahndet, etwa

die Befehlsverweigerung und Viehdiebstahl.

Sprecherin: Verstoßen öffentliche Peitschenhiebe gegen die

Menschenrechte? Der Vize-Justizminister Valentin

Ticorna verneint. Er ist Quechua, empfängt Besucher in

seiner traditionellen Kleidung:

4. Zitator: Wer peitscht aus, und warum peitscht er aus? Die

Peitsche hat nicht der Anführer des Dorfes in der Hand,

sondern derjenige, der für alle ein Vorbild ist: der noch

nie gestohlen hat, der sich nichts zuschulden kommen

ließ, der fleißigste Arbeiter. Der von fünf Uhr morgens

bis spät arbeitet. Der mit seiner Frau nicht streitet. Was

ist die Alternative? Ein oder zwei Jahre Gefängnis oder

ein paar Peitschenhiebe? Was würdest Du wählen,

wenn du gestohlen hast? Ein Jahr Gefängnis, in dem du

deine Familie nicht siehst, oder ein paar

Peitschenhiebe? Was ziehst du vor? Sags mir!

24

Erzählerin: Nach 500 Jahren sieht Ticorna zum ersten Mal das Ende

der Unterdrückung in greifbare Nähe gerückt. Für ihn

und die Mehrheit seiner Landsleute hat die westliche

Kultur wenig beziehungsweise gar keinen Fortschritt

gebracht. Sie leben in bitterer Armut, haben keinen

Zugang zu einem modernen Renten- und

Gesundheitssystem und werden, weil sie Indianer sind,

diskriminiert. Die “Menschenrechte” haben für sie

keinen Wert. So heißt es in der Präambel der neuen

Verfassung:

5. Zitator: “Wir kannten den Rassismus nicht, bis wir ihn am

eigenen Leib erlebt haben. Wir wollen den Staat des

Kolonialismus, der Republik und des Neoliberalismus

hinter uns lassen”.

Erzählerin: Dass sie den Neoliberalismus und den Kolonialismus

überwinden wollen, ist verständlich. Frage an den

Vizeminister, was ihnen die Republik Böses getan habe?

Das Wort “Republik” stammt vom lateinischen “Res

Publica” und bedeutet: die öffentliche Sache. Regieren

mit Öffentlichkeit, statt mit geheimen

Kabinettsbeschlüssen wie in Monarchien.

Sprecherin: In Bolivien hatte 1952 eine bürgerliche Revolution dem

Feudalismus ein Ende gesetzt und die Republik

ausgerufen, die öffentlich und demokratisch regieren

sollte. Was ist an diesem Gedanken so falsch, dass die

neue Verfassung die Republik verdammt? Ticorna

versteht die Frage nicht:

25

4. Zitator: Manche Artikel werden noch richtig interpretiert werden

müssen. Nach dem Plebiszit wird die Regierung das

neue Konzept eines plurinationalen Staates erklären.

Heute verstehen das viele nicht.

Erzählerin: Ticorna zählt die Vorzüge der neuen Verfassung auf:

Sprecherin: Spanisch bleibt Amtssprache, neben ALLEN anderen,

indigenen Sprachen. Artikel fünf listet 36 Sprachen auf.

Künftig müssen alle amtlichen Dokumente in

mindestens zwei Sprachen geschrieben sein.

Erzählerin: Kapitel Zwei verbietet die Einrichtung ausländischer

Militärbasen. Das ging an die Adresse der USA, aber

gelten wird dies auch für Venezuela und Kuba, die

Militärberater geschickt haben.

Sprecherin: Jedem Bürger wird das Recht auf die Versorgung mit

Trinkwasser und Lebensmitteln zugesprochen, auf

Erziehung ohne Diskriminierung und eine kostenlose

Gesundheitsversorgung. Das Wasserwerk darf nicht

privatisiert, Lizenzen nicht vergeben werden. Beim

Strom, Gas und der Telekommunikation sind gemischte

Unternehmen möglich. Ausländer dürfen an den

Kommunalwahlen teilnehmen, sofern ihr Herkunftsstaat

dies auch Bolivianern erlaubt.

Erzählerin: Laut Artikel 112 verjähren weder Völkermord und

Verbrechen gegen die Menschheit noch

Beamtenbestechung, die dem Land einen großen

Schaden zufügen.

26

Sprecherin: Artikel 30 erklärt die indianischen Institutionen zum

“Teil der allgemeinen Struktur des Staates”.

Erzählerin: Was sich dahinter verbirgt, wird nicht verraten. Nahe

liegt, dass diese indianischen Amtspersonen, wie ihre

Recht-Sprecher, wie normale Richter bezahlt werden.

Dann werden viele neue Stellen im öffentlichen Dienst

geschaffen werden. Ticorna nickt. Man wolle die

kommunitäre Justiz um eine Instanz erweitern:

4. Zitator: Meiner Meinung nach werden wir drei Instanzen haben.

Die in der Gemeinschaft. Eine zweite auf regionaler

Ebene, etwa eine für die Aymara, eine für die

Quechuas, eine für Amazonien und eine für die Guaraní.

Vier große indigene Gerichtsbezirke also. Aber daran

arbeiten wir noch. Und es kann das Verfassungsgericht

angerufen werden, falls Grundrechte verletzt wurden.

Erzählerin: Warum niemand gegen die Lynchjustiz einschreitet? In

den Vororten von La Paz hängen Strohpuppen an den

Laternenpfählen – was Dieben vor Augen führt, was sie

erwartet. Vizeminister Ticorna tut so, als ginge ihn das

nichts an:

4. Zitator: Wo gelyncht wird, haben die Staatsanwaltschaft und die

Polizei versagt. Selbstjustiz hat mit indianischer Kultur

nichts zu tun. Wir nehmen einem Bruder nicht das

Leben und respektieren das Leben und die

Menschenrechte.

27

Erzählerin: Aber warum sein Ministerium nicht gegen die Urheber

vorgeht, die einen vermeintlichen Dieb unter dem

Beifall der Menge erst foltern, dann ermorden und dies

als “Befreiung vom neoliberalen Diktat” feiern? Im

Hochland geben heute nicht die Regierung sondern

bewaffnete Gruppen den Ton an.

4. Zitator: Dafür ist das Ministerium für Öffentliche

Angelegenheiten und die Staatsanwaltschaft zuständig.

Wir können da wenig machen. Wir können auch nicht

gegen den von einigen Dörfern ausgerufenen “zivilen

Ausnahmezustand” vorgehen.

Erzählerin: Stattdessen toleriert die Regierung diese Entwicklung.

Mit Stillschweigen oder sogar mit Verständnis.

Sprecherin: Die bolivianische Gesellschaft radikalisiert sich, warnt

die Juristin Mirjam Campos, die im Justizministerium

Projekte zur Förderung der indianischen

Dorfgemeinschaften leitet. Sie ist nicht grundsätzlich

gegen die traditionelle Justiz. Sie habe sich in den

entfernten Dörfer des Hochlandes bewährt. Konflikte

um Grenzziehung, Erbschaftsangelegenheiten und

Familienstreitereien werden meist in den Dörfern

geregelt. Doch die verfassungsrechtliche Gleichstellung

der kommunitären mit der staatlichen Justiz werde die

Frauen weiter benachteiligen. Rechtlich seien sie schon

seit 1831 gleichberechtigt, doch in der Praxis wurde

Indianerinnen stets der Zugang zu Grund und Boden

verwehrt.

28

1. Zitatorin: Gemäß des herrschenden Erbrechts erbte nicht die

Tochter das Land ihrer Eltern sondern nur die Söhne.

Sie besaß kein eigenes Land, auch wenn sie aus einer

Bauernfamilie stammt. Sie war auf das Land ihres

Ehemanns angewiesen. Das wurde 1996 geändert und

inzwischen gibt es Fortschritte.

Erzählerin: Die Sexualmoral habe mit der einer modernen

Gesellschaft wenig gemein, so Frau Campos. Untreue

Ehefrauen müssen mit Steinigung rechnen. Ihr sei kein

Fall bekannt, wo Homosexualität geduldet würde.

Schwule müssen in die Städte ziehen.

1. Zitatorin: (Homosexualität) wird sehr streng bestraft. In der

indigenen Kultur wird die Vorstellung eines

“weibischen” Mannes nicht toleriert. Der Mann muss

Symbol für Stärke und Virilität sei.

Erzählerin: Auch wenn die Frau oft die gesamte Familie ernährt,

muss sie sich dem Mann unterordnen:

1. Zitatorin: Häusliche Gewalt ist an der Tagesordnung, aber wir

erfahren nur selten von ihr. Es wird darüber nicht

gesprochen. Die Frau darf sich über Dinge, die in ihrer

Ehe passieren, nicht beklagen. Noch mehr tabuisiert

wird der sexuelle Mißbrauch von Mädchen durch

Mitglieder der eigenen Familie. Das kommt häufig vor,

im Hochland wie im Tiefland, aber nur die wenigsten

Fälle werden angezeigt. Die kommunitäre Justiz

betrachtet Vergewaltigung nicht als Verbrechen. Sie

kann mit der Schenkung einer Kuh oder eines Schafes

29

bereinigt werden. Oder man zwingt das Mädchen, ihren

Vergewaltiger zu heiraten.

Erzählerin: Frau Campos ermuntert die Frauen, Mißbrauch

anzuzeigen. Aber sie hat die Erfahrung gemacht, dass

ihnen eine Mitschuld unterstellt wird. Man sagt: das

Mädchen habe die Vergewaltigung provoziert. Am Ende

wird das Opfer bestraft, nicht der Täter.

1. Zitatorin: Eine 14-Jährige erzählte ihrer Mutter von der

Vergewaltigung durch den eigenen Vater. Doch sie

glaubte, dass die Tochter zu Unrecht den Vater

beschuldigt habe und verstieß sie aus der Familie.

Jemand aus dem Dorf half dem Mädchen und zeigte das

Verbrechen bei der normalen Justiz an. Daraufhin

wurde der Vater verhaftet und die Tochter in einem

Heim in Sucre untergebracht. Der Mann wurde nach

sechs Monaten auf freien Fuß gesetzt, und das Mädchen

musste in Sucre bleiben. Sie arbeitet dort als

Hausangestellte, ihr Baby ist bei der Geburt gestorben.

Das war für alle eine sehr harte Erfahrung. Inzest gilt

als Tabu. Und als er öffentlich wurde, bestraften die

Dorfbewohner die Familie, weil im ganzen Land bekannt

geworden war, dass unter den Guaranis so eine

Schande vorgekommen sei. Sie sagten, man hätte das

untereinander regeln müssen.

Erzählerin: Die Juristin ist, sagt sie, für einen gesellschaftlichen

Wandel. Die Benachteiligung der indianischen

Bevölkerung hätte aber anders angegangen werden

können, etwa mit einem Quotensystem, das Stipendien,

Studienplätzen und Jobs im öffentlichen Dienst für

30

Indianer reserviert. Die kommunitären Schiedsgerichte

hätten gefördert und um die positiven Elemente des

westlichen Rechtssystems, wie die Menschenrechte,

erweitert werden müssen.

Sprecherin: Dies wäre mit einem Gesetz, mit einfacher Mehrheit,

möglich gewesen, statt sich jahrelang in der

Verfassunggebenden Versammlung Saalschlachten zu

liefern.

1. Zitatorin: Über Quoten wird nicht diskutiert. Bis zum Amtsantritt

von Evo Morales war es unvorstellbar, dass eine

Indianerin, die aussieht wie eine Indianerin und sich

anzieht wie eine Indianerin, ein Ministeramt bekleidet.

Dass dies heute möglich ist, verdanken wir nicht einem

Quotensystem sondern politischen Absprachen.

Erzählerin: Auch die einstige Mitstreiterin von Che Guevara -

Loyola Guzman – glaubt, dass eine Chance vertan

wurde. Sie hat lange gezögert, ob sie ihre Einwände

öffentlich machen soll. Sie wollte der rechten

Opposition keine Munition liefern.

2. Zitatorin: Ich habe gegen die Verfassung gestimmt. Nicht, weil

ich gegen den Wechsel bin. Im Gegenteil. Aber dafür

fehlen die wichtigsten Schritte. Die neue Verfassung

wird die Kräfte, die für den Wechsel sind, schwächen.

Erzählerin: Das Regierungslager fiel über Loyola Guzman her. Das

Haus zündete man ihr, im Gegensatz zu Cárdenas,

nicht an. Aber man warf ihr in einem offenen Brief vor,

die Seite gewechselt zu haben.

31

5. Zitator: “Es war schmerzhaft, deine Haltung zu akzeptieren. Du,

die du berühmt warst wegen deines Engagements in

Ňancahuazú, wo du auf der Suche nach dem neuen

Menschen in den Reihen des Che gekämpft hast. Du,

die du in ganz Lateinamerika die Hinterbliebenen der

von den Diktaturen Ermordeten organisiert hast. Du

bist heute auf den Zug des Feindes gesprungen.”

Erzählerin: Es folgten die Unterschriften zahlreicher bolivianischer

Intellektueller.

Erzählerin: Wird die gerade erst verabschiedete Verfassung

Bestand haben? Wird sie erneut umgeschrieben

werden? Oder wird ihr ein ergänzendes Gesetz

Schranken einschränken?

Sprecherin: Auch Victor Hugo Cárdenas spricht von einer

Übereinstimmung des frauenfeindlichen

“Gewohnheitsrechts” der männerdominierten, linken

Regierungspartei mit der frauenfeindlichen Tradition der

männerdominierten, indigenen Kultur. Er, selbst

Aymara, lehne beides ab:

1. Zitator: Bei uns reden die Männer, nicht die Frauen. Auf einer

Versammlung soll eine Frau nicht das Wort ergreifen.

Aber ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der wir

alle denselben Wert haben. Die Demokratie der

Aymaras, die Kultur der Aymaras und das Justizwesen

der Aymaras muss die positiven Werte anderer Kulturen

sehen und annehmen.

32

Sprecherin: Das sind kluge Worte. Aber im Wahlkampf war es kaum

um die Rechte der Frauen und der sexuellen

Minderheiten gegangen. Sie werden weiterhin auf der

Straße erstritten werden müssen, in den Städten und

irgendwann in Dörfern wie Morocomarka. Sonst wird

das Schicksal Gregorias und Basilios kein Einzelfall

bleiben.

Sprecherin: Gregoria wurde von ihrem Vater getötet, weil sie sich

seiner Autorität nicht unterworfen hat. Ihr Mann konnte

mit ihrem Baby in die Stadt fliehen. Auch seine Familie

musste Morocomarka verlassen, um nicht selbst wegen

Befehlsverweigerung bestraft zu werden.

Der Fall wurde bei der nationalen Justizbehörde

angezeigt. Aber die verfolgte ihn nicht. Es läge kein

Mord vor sondern ein Tötungsdelikt der indianischen

Justiz und dies sei legitim und legal, hieß es in der

Begründung.

Der Staatsanwalt aus La Paz hätte ohnehin nicht in

Morocomarka ermitteln können. Das Gebiet gilt als No-

Go-Area. Mehrere Stämme streiten sich seit fünfzig

Jahren um den Grenzverlauf. Im Moment liegt das

Kriegsbeil begraben, und niemand will Öl ins Feuer

giessen. So gebietet es die Staatsraison, und als

Rechtsgrundlage zieht sie die “indigene Justiz” heran.

Die Liebe von Gregoria und Basilio kam dagegen nicht

an.

Fuente: http://www.dradio.de/download/113483/

2 comentarios

  • By Willi Noack, 15 Diciembre 2009 @ 7:51 am

    Nota de prensa publicada en fecha 15.12.2009 en HOYBOLIVIA:

    Al menos 200 personas vieron como los presuntos delincuentes fueron golpeados y rociados con gasolina para luego ser quemados vivos

    Cuerpos de linchados ardieron varias horas en la plaza

    14/12/2009 – 22:56:32

    COCHABAMBA
    Al menos hasta las 15.30 de este lunes seguían ardiendo los cuerpos de los tres supuestos ladrones, que murieron brutalmente linchados por un grupo de enardecidos pobladores del municipio de Ivirgarzama, ubicado en la provincia Carrasco del departamento de Cochabamba.

    Según la crónica de la radio “Santa María de los Ángeles” de la Red Erbol, aproximadamente a las 03.00, un vehículo Nissan de color rojo fue interceptado por efectivos de la Unidad Móvil de Patrullaje Rural (Umopar), en el ingreso a la comunidad de Vueltadero.

    Dos miembros del motorizado sospechoso lograron huir y cuatro fueron capturados por los policías y trasladados hasta las celdas de la Fuerza Especial de Lucha Contra el Narcotráfico de la población de Ivirgarzama. Los efectivos encontraron dentro de ese vehículo tres armas de fuego.

    Al amanecer la jornada, decenas de habitantes ya se habían concentrado en las puertas de la Felcn en protesta contra los supuestos ladrones capturados horas antes.

    Cada minuto que pasaba, se incrementaba más el número de manifestantes enardecidos, que pedían justicia y paradójicamente querían tomar esa “justicia” en mano propia.

    Pasada las 8.00, al menos 200 pobladores de ánimos caldeados y cansados por la inseguridad ciudadana, intentaron tomar las instalaciones de la Felcn y quemaron el vehículo en el que fueron capturados los supuestos antisociales.

    Aproximadamente a las 10.00, la turba logra ingresar a las instalaciones de la Felcn por la fuerza con el fin de linchar a los arrestados y paralelamente los cuatro “antisociales” lograron escapar desesperados tras romper la puerta y rejas del baño de la celda en el que se encontraban aprehendidos.

    Sin embargo, tres de los “malechores” fueron capturados fuera de la Felcn por la turba, que les golpeó brutalmente por más de una hora.

    Alrededor de las 11.30, los tres desafortunados fueron echados con gasolina e incendiados frente a la mirada y rostro ensolerado de centenares de pobladores, que exigen a las autoridades y efectivos policiales mayor seguridad y no dejar en libertad con tanta facilidad a los antisociales aprehendidos en el país.

    Durante la mañana, también se presentó en la Policía una familia que denunció un atraco, que habría sufrido en horas pasadas en la localidad de Gualberto Villarroel.

    Los denunciantes aseguraron que los ladrones incluso intentaron estrangularlos antes de huir en un vehículo, después de la alerta y auxilio vecinal ante el atraco a mano armada.

    Ésta denuncia caldeó aún más los ánimos de los manifestantes de Ivirgarzama, porque relacionaron el hecho automáticamente con los sujetos capturados por una unidad de Umopar.

    En horas de la tarde, se conoció que el cuarto sujeto (Eufrasio Carlos Alba de 29 años) logró huir de la turba y se encontraba gravemente herido en el Hospital de Villa Tunari del mismo trópico cochabambino.

    Los presuntos delincuentes linchados fueron identificados como Vladimir Herrera, Edgar Alba Caero y Eldy Elioth Villanueva Chávez. Eufrasio Carlos Alba resultó con heridas.

    Fuente: http://www.hoybolivia.com/Noticia.php?IdEdicion=587&IdSeccion=15&IdNoticia=25218

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